Mozart und Salieri
// Alexander Puschkin, P.: 10. Oktober 2005, Hans Otto Theater Potsdam
Ist Wolfgang Amadeus Mozart von seinem Konkurrenten Antonio Salieri vergiftet worden? Alexander Puschkin glaubte an Mord, als er 1830 MOZART UND SALIER verfasste. 1825, kurz nach dem Tod des Komponisten Antonio Salieri (1750-1825), verbreitete sich von Wien aus das Gerücht, dieser habe 1791 Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) aus Neid vergiftet. Angeblich habe Salieri auf seinem Totenbett das Geständnis zu dieser ungeheuren Tat abgelegt. Seine Intrigen gegen Mozart zu dessen Lebzeiten gaben dem Gerücht Nahrung. Puschkin schrieb fünf Jahre später seinen Einakter, in dem er die beiden Komponisten aufeinander treffen lässt und zeigt mit der knappen, tragisch zugespitzten Auseinandersetzung zwei diametral entgegengesetzte und unvereinbare Auffassungen über das Wesen der Kunst und die Berufung des Künstlers.
Mit: Christian Deichstetter, Kay Dietrich, Gabriele Näther, Johannes Suhm
Regie: Johanna Hasse
Bühne & Kostüme: Marek Hertel
// Presse
Kay Dietrich und Johannes Suhm vom Hans Otto Theater stürmen auf die enge Bühne und preisen wie auf dem Jahrmarkt ihr Spiel an. Ein bisschen Vaudeville und etwas Gameshow, denn kaum haben sie ausgesprochen, loben sie auch schon ein Gewinnspiel aus: Wer die Melodien erkennt, bekommt Freikarten für die Premiere im Schloss. Erster Versuch: Niemand kennt Salieris „Begrüßungsmarsch“. Zweiter Versuch: Keiner kennt seinen „Türkischen Marsch“ doch da, ein Herr in der ersten Reihe? „Leider zu spät“, sagt Suhm recht hämisch und los geht’s.
Abgesehen vom lockeren Intro deklamieren die Schauspieler Puschkins Sätze eher gediegen. Nervös-nasal spricht Suhm den naiven Mozart, klassisch-laut Dietrich den nicht sehr perfiden Salieri. Auf der einen Seite das Genie, dem alles in den Schoß fällt. Auf der anderen der strebsame Salieri, der durch Arbeit fehlenden Einfallsreichtum wett zu machen sucht und dabei die „Musik wie einen Leichnam seziert“.
Regisseurin Johanna Hasse lässt die beiden vorbildlich den Raum ins Spiel mit einbeziehen. Mal stürmt Mozart durchs Publikum zur Haustür hinaus, um später wieder hinter der Bühne aufzutauchen. Mal setzen sich beide, Salieri hat aus Neid seinen Konkurrenten bereits vergiftet, gemeinsam an den Tresen, schlürfen schon mal den Premierensekt, während Christian Deichstetter sehr einfühlsam am Flügel Mozarts wunderbares „Lacrimosa“ aus dem Requiem spielt und Gabriele Näther dazu singt. Märkische Allgemeine Zeitung, 12. Oktober 2005
Kay Dietrich gab einen verbitterten Salieri, zwischen Selbsthass und Heuchelei, den sein unbekümmerter Freund Mozart (Johannes Suhm) im Gasthaus besucht, um ihm seine neuesten „musikalischen Gedanken“ vorzustellen. In schlafloser Nacht überkamen sie Mozart. Und in frühester Morgenstunde hat er sie schnell „hinskizziert“. Dann setzte Christian Deichstetter am Flügel an und spielte das Adagio aus der Klaviersonate F-dur. Oh, wie verzog sich da Salieris Gesicht. Fast schien es, als wollte er gleich den Schädel des Hochbegabten spalten. Doch er atmete tief durch, tat freundlich und lud Mozart zum gemeinsamen Essen.
Hier, bei zartem Hühnchenfleisch, kippte Salieri das Gift in Mozarts Weinkelch. Der entschuldigt sich kurz danach, da ihn Unwohlsein plage. Puschkins Einakter lässt in seiner Kürze kaum Möglichkeiten für Charakterentwicklung. Auf der einen Seite das vom Ehrgeiz und Neid zerfressene Böse, auf der anderen das talentierte und unbekümmerte Gute. Doch gerade Kay Dietrich als Salieri, dem auch der meiste Text gehört, gelang es, diesem Widerling Profil zu geben. Johannes Suhm war es ein Leichtes, Mozart ganz unbekümmert und vertrauensselig zu spielen. Potsdamer Neueste Nachrichten, 12. Oktober 2005