Kein Weltuntergang
// Chris Bush, P.: 3. Mai 2024, Theater an der Rott
Die junge Mikrobiologin Anna Vogel trifft zu einem Vorstellungsgespräch bei der prominenten Klimaforscherin Prof. Uta Oberdorf an der Universität ein und erhält eine Stelle zur Teilnahme an einer Arktis-Expedition, auf der die Auswirkungen des Klimawandels untersucht werden sollen. Oder jedenfalls könnte dies das Ergebnis einer von vielen möglichen, gezeigten Versionen eines Zusammentreffens der beiden Frauen gewesen sein. In einer nahen Zukunft begegnet Anna Lilly, einer Vertreterin des Unternehmens, das die Expedition finanziert hat. Ein furchtbarer Zwischenfall hat sich ereignet, den Lilly untersucht. Sie verhört und manipuliert Anna. Aber was ist wirklich oder überhaupt geschehen? Und warum sieht sich Anna in einer ausweglosen Situation? Von einer anderen Ebene aus, die vielleicht eine entferntere Zukunft sein mag, spricht Annas Adoptivkind über die Mutter, die Anna gewesen ist.
Mit: Yvonne Köstler, Ivy Lißack, Eduard Zhukov
Regie: Johanna Hasse
Ausstattung: Ute Lindenbeck
Licht: Christian Etzelsbeck
Dramaturgie: Kay Philipp Baronowsky
// Presse
Die Klimakrise bedroht uns alle – das Theater an der Rott wendet sich mit dem Stück „Kein Weltuntergang” einem Konflikt zu, der insbesondere die junge Generation vor große Herausforderungen stellen wird. Wie sehr die Thematik jedoch auch Erwachsene aufrütteln kann, zeigte die öffentliche Generalprobe am Dienstagabend im Theater an der Rott. In einer Diskussionsrunde fassten im Anschluss an das Stück die Besucher ihre Eindrücke zusammen.
Kein anderes Thema erhitzt derzeit so die Gemüter wie die Klimapolitik, die immer mehr zum Generationenkonflikt wird. Auf ungewöhnliche Weise umkreist die britische Dramatikerin Chris Bush in „Kein Weltuntergang” die Problematik des Klimawandels, stellt das engagierte Leben eines einzelnen Menschen, der sich einer übergroßen Herausforderung gegenübersieht und daran scheitert, in den Mittelpunkt. Mit dem Mut, nicht gleichgültig zu sein, beginnt der Widerstand gegen das vermeintlich Unausweichliche. „Kein Weltuntergang” entstand 2021 als Auftragswerk für die Schaubühne Berlin und wird am Theater an der Rott erstmals auf einer bayerischen Bühne gezeigt. Die Autorin spielt mit der Idee des Multiversums – immer wieder gibt es neue Handlungsansätze, veränderte Identitäten. Regisseurin Johanna Hasse und Ausstatterin Ute Lindenbeck haben für das Stück einen Großteil der Ausstattung aus dem Fundus bestückt, bestehende Materialien und Teile wieder verwendet, ganz im Sinne der Nachhaltigkeit. Bereits das Bühnenbild hinterließ nachhaltig Spuren: Sandsäcke, die sich am Boden zu einem großen Quadrat formieren, auf dem sich wie auf einer Eisscholle das Spektakel abspielt. Acht Jahre ist die Flutkatastrophe im Landkreis Rottal-Inn nun her, allein in der Stadt Simbach gab es damals fünf Todesopfer zu beklagen. Starkregenereignisse wie das im Juni 2016 werden im Zuge der Klimaveränderung zunehmen. Passauer Neue Presse, 3. Mai 2024
Mensch gegen Natur, Wallstreet gegen Gletscher, Amazon gegen Amazonas. In einem bedrohlichen Spannungsfeld angesiedelt zeigt sich das Schauspiel „(Kein) Weltuntergang” im Studio am Theater an der Rott in Eggenfelden. Die bayerische Uraufführung des aus dem Englischen übersetzten Stücks der zeitgenössischen Dramatikerin Chris Bush thematisiert das drohende Zerstören der Erde durch den Menschen: Szenarien werden angedeutet, Aspekte eingekreist, keine fertigen Antworten gegeben. Die vielfach gebrochene Chronologie verkompliziert es, die Dinge zu sortieren.
Im Brennpunkt steht die Klimaerwärmung. In Beziehung gesetzt wird diese Krise mit dem Generationenkonflikt sowie grundsätzlichen Machtfragen in Hinblick auf Kolonialismus, Kapitalismus und Patriarchat. Aus gutem Grund spielt die engagierte Dr. Anna Vogel mit Ivy Lißack bewusst eine „Person of Color”. Die differenziert in Szene gesetzte Naturwissenschaftlerin wird von der alten weißen Münchener Professorin Uta Oberdorf ausgebeutet: Außer diese Rolle übernimmt Yvonne Köstler ebenso energisch sowie mit Brille den Part von Lilly Draxler, welche die junge Forscherin ebenso in die Mangel nimmt. Auf einer Metaebene moderiert Eduard Zhukov in schwarzen Frauenkleidern glasklar als Lena (Dr. Vogels Adoptivtochter) das Geschehen und fragt: Wo sind wir falsch abgebogen? Wie können wir die Dinge richtigstellen?
Wie in einer Arena platziert Regisseurin Johanna Hasse das Publikum rund um die menschliche Existenz. Geworfene Schlaglichter reichen von der Wärmepumpe bis zum Fleischverzicht, von der Öl-Lobby bis zum Blutschnee. Machtlos scheint der Einzelne, und doch obliegt es ihm, mit seinem Handeln die richtige Richtung einzuschlagen. Passauer Neue Presse, 6. Mai 2024