Liebe Arbeit Exil
// Ein Kurt Weill/Hanns Eisler – Liederabend, P.: 5. September 2015, Schwartzsche Villa Berlin. Gefördert vom Kulturamt Berlin Steglitz-Zehlendorf / Dezentrale Kulturarbeit.
Gastspiele: u.a. Tutzinger Salon – Evangelische Akademie Tutzing 2015, Monsun Theater Hamburg 2015/16, Galerie Behrens Premnitz 2016, Mendelssohn-Remise Berlin 2017, Comédie Soleil Werder/Havel 2017, Kurt Weill Fest Dessau 2017, Düsseldorfer Nacht der Museen 2017, Theater Stok Zürich 2017, Museum Rietberg Zürich 2019, Villa Ebnat Kappel 2019
Der szenisch-musikalische Abend LIEBE ARBEIT EXIL verfolgt die fast diametral entgegengesetzte Entwicklung der beiden Komponisten Kurt Weill und Hanns Eisler auf dem Weg ihrer erfolgreichen Anfänge in Berlin bis zum Leben im Exil. Dabei wird der ungeheuer musikalische Facettenreichtum zum Leuchten gebracht: vom bissigen Dreigroschen-Chanson über die zwölftönige Parodie auf das klassische Lied bis zum smoothen Broadway-Song. Ausgewählte Texte machen den zeithistorischen Hintergrund und die Brisanz der Lieder erlebbar.
Mit: Matthew Rubenstein, Anna von Schrottenberg
Regie: Johanna Hasse
// Presse
Die Sängerin Anna von Schrottenberg hat eine riesige Tasche mit Sekundärliteratur mitgebracht, die sie erstmal auspackt. Überall ragen kleine Fähnchen aus den zahlreichen Büchern heraus. Der Abend über Hans Eisler und Kurt Weill könnte also länger werden als erwartet. Doch Schottenberg gibt Entwarnung: Nur die Themenfelder Liebe, Arbeit und Exil werden heute in den Blick genommen. Eine klare Eingrenzung also!
So geht es im schnellen Wechsel zwischen den Liedern der beiden Musikern, kleinen biographischen Erläuterungen und Zitaten von ihnen und über sie in chronologischer Abfolge durch ihr bewegtes Leben. Kurt Weill und Hanns Eisler hatten viel gemeinsam und dennoch verlief ihr Entwicklungsprozess fast diametral entgegengesetzt. Beide waren früh in Deutschland im Musikgeschäft erfolgreich. Weill mit der Dreigroschenoper und Eisler z. B. mit den ironisch vertonten Zeitungsausschnitten, die das Bürgertum unerwartet lustvoll in seinen Kulturverbrauch integrierte.
Doch beide waren Juden und mussten vor Hitler aus Deutschland fliehen. Beide waren mit Frauen verheiratet, deren Namen mit L anfingen und mit denen sie zusammen arbeiteten. Beide waren der Zwölftonmusik zugetan. Beide kamen nach ein paar Zwischenstationen in New York an. Doch während Kurt Weill sich sogleich der vollkommenen Integration widmete und mit seinen Musicals schnell am Broadway Erfolge feierte, bekam Hanns Eisler keine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis und wanderte zwischen Amerika, Mexiko und Illegalität hin und her. Denn er war ein bekennender Kommunist. Wenn er Liebeslieder schrieb, dann solche an den Kommunismus. Er schlug sich mit undankbaren Dienstleistungen im Musikgewerbe herum und bleib ein Heimatloser. Eisler schrieb Heimwehlieder an die verlorene Heimat in Deutschland wie das traurige „Und ich werde nicht mehr sehen…“ Weill dagegen schrieb schmissige jazzige Songs, die zu Ohrwürmern wurden, wie „Speak Low“ oder „How can you tell an American?“
Die Lieder, die von Schottenberg zu der exzellenter Begleitung durch den Pianisten Matthew Rubenstein mit Witz, Ausdruck und Souveränität vorträgt, geben Einblick in die unterschiedlichen Stimmungslagen, Haltungen und Lebensauffassungen von Eisler und Weill. So erschaffen von Schottenberg und Rubenstein unter der geschickten Regie von Johanna Hasse eine kurzweilige, informative und sehr stimmungsvolle Musikperformance, in der Schottenbergs Kontrabass als kurviges Gegenüber keine unwesentliche Rolle spielt. www.hamburgtheater.de, 17. April 2016